"Bad Boys II" (USA 2003) Kritik – Michael Bay im Tal der Geschmacklosigkeiten

Autor: Pascal Reis

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“We ride together, we die together. Bad Boys for life.”

Das wesentliche Defizit von „Bad Boys“ war schlicht und ergreifend die aufgesetzte Figurenzeichnung der ungleichen Hauptdarsteller, die sich redlich darum bemühten, den Thron der kinematographischen Coolness komplett für sich in Anspruch zu nehmen. Die charakterlichen Gegensätze evozierten aber durchaus Momente, in denen nicht nur die Mundwinkel zaghaft nach oben gingen, sondern auch ein herzhafter Lacher ausgestoßen werden konnte (Hauptsächlich dank Martin Lawrence), doch den Eindruck von nonchalanter, wie aus dem Leben gegriffener Lässigkeit konnte Michael Bay nicht gänzlich verfestigen. Flackerndes Prunkstück von Bays Einstieg in die Filmwelt waren die enthemmten, fast organischen Actionsequenzen, in denen sich die markanten Choreographien mit der schroffen Optik wunderbar verknüpften, aber dennoch keinerlei memorablen Augenblick auf die Reihe bekamen. Am Ende blieb der kurzweilige Unterhaltungswert.

8 Jahre später, Michael Bay ist inzwischen eine gestandene Hollywoodmarke, sollte die als „Action-Blockbuster des Jahres“ deklarierte Fortsetzung den Weg in die Kinos finden, mit noch „krasseren“ Schießereien und noch „witzigeren“ Sprüchen. Dieses Mal waren die Verhältnisse allerdings schon auf die inzwischen gewohnten Michael Bay-Attribute angepasst: Mit einem enormen Budget ausgestattet, fast 7-mal so hoch wie das des Vorgängers, ließ die kalifornische Dampframme in einem überlangen Hau-Drauf-Spektakel alles in die Schutt und Asche legen und durfte die Kohle – wie gewohnt – nach Lust und Laune verpulvern. Ein Fest für die Welt der Testosteronphänomene, sollte man jedenfalls meinen, die sich bereits vor der Sichtung des Films einer erneuten Bartrasur, allein der Vorfreude wegen, unterziehen mussten.

Doch Vorsicht: War „Bad Boys“ noch eine solide Action-Komödie, ist „Bad Boys II“ hingegen eine dermaßen rigorose Frechheit, die mit den Wertevorstellungen und dem Verhaltenskodex einer irren Koksnase kokettiert. Michael Bay möchte von Anfang an keine Missverständnisse aufkommen lassen, und während unsere Bad Boys die angeblich größte Ecstasylieferung aus Amsterdam auf einem Geheimtreffen der White-Power-Sippschaft stoppen sollen, gehen der stumpfe Ethnozentrismus und die übertrieben-ekelhafte Pseudo-Coolness ihrer Wege: Nachdem sich hier jeden mit den verschiedensten, repetitiven Formulierungen des Wortes „Nigga“ in den Mittelpunkt gerückt hat, werden Kopfschüsse en masse in Zeitlupe verteilt und Sprüche gerissen, die die Sechstklässler mit Sicherheit zu echten Schenkelklopfer verleiten – Allen anderen entlockt das nur noch peinliches Schweigen. In dieser Form geht es weiter, nur möchte Michael Bay immer eine explosive Schippe drauflegen.

Egal wie beeindruckend die Verfolgungsjagden im zerstörungswütigen Korsett des Gigantomanierausches auch krachen, „Bad Boys II“ ist ein menschenverachtender Hochglanzprolet, gefangen in seiner bis zum Scheitel geleckten MTV-Ästhetik, der sich in seiner ekelhaft-gewissenlosen Selbstüberschätzung eigenhändig zur Schlachtbank führt und durch seine pubertär-zynischen Späßchen eine einzige Peinlichkeit für jeden Erwachsenen darstellt. Wenn Marcus und Mike mit Vollgas in ihrem wuchtigen Hummergeschoss durch die kubanischen Favelas bollern, nur um Bay die perfekte Einstellung zu ermöglichen, der Film aber jeder Humanität (Eigentlich schon von Beginn an) abgeschrieben hat, dann kristallisiert sich auch endgültig die eigentliche Moralvorstellung der Strippenzieher heraus, die es sicher auch äußerst amüsant fanden, inmitten einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd mit adipösen Leichen um sich zu werfen.

Würde man „Bad Boys 2“ auf seine formalen Werte reduzieren, dann hätte man einen hektisch geschnittenen Poser, der seinem leibeigenen Schädelvakuum Beifall spendiert, denn Hauptsache es kracht, es fließt Blut und es ist durchgestylt fotografiert. Ein No-Brainer eben, aber in jedem Fall kein charmanter Männerfilm, der sich ganz den muskulösen Genrekonventionen verschrieben hat und einzig unterhalten, anstatt jemanden beleidigen möchte. „Bad Boys II“ ermöglicht dieses unbefangene Vergnügen nicht, denn konzentriert man sich auch nur einmal darauf, was die Bilder suggerieren und was sich allgemein für Aussagen und Ideologien in diesem nicht enden wollenden Machwerkes versammelt haben, bleibt nur noch die grenzenlose Verachtung.

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