Kritik: Arrival (US 2016)

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© Sony Pictures Releasing GmbH

If you could see your whole life from start to finish, would you change things?

Am Anfang war das Wort, nicht das Feuer. Und es war identitätsstiftend, denn: Kommunikation ist die Brücke in die fremden Territorien unserer Existenz. Das ist der vielschichtig konnotierte Kristallisationspunkt, mit dem sich Denis Villeneuve (Sicario) in Arrival über 120 Minuten beschäftigt und von dem er die Rückbesinnung auf die Tugenden des Erzählkinos aus entspinnen wird. Die von Amy Adams (The Master) verkörperte Linguistin Dr. Louise Banks bildet dabei das schauspielerische Zentrum der Narration und ihre wunderbar natürliche Fragilität, die oftmals nur ein leichtes Zucken der Mundwinkel offenbart, artikuliert schwere innerseelische Erschütterungen allein über die glasigen Augen, die nach wie vor die Unmöglichkeit, einen Schicksalsschlag zu bewältigen, abbilden. Die Sprache der Trauer ist ihrem Blick eingeschrieben. Sprache ist dabei, natürlich, das Stichwort.

Extraterrestrische Lebensformen treffen auf der Erde ein, ihre Monolithen-gleichen Raumschiffe verharren im Nirgendwo, lokalisiert an zwölf verschiedenen Orten dem blauen Planeten. In festen, mehrstündigen Rhythmen öffnen sich die nebelumflorten Pforten – die Außerirdischen laden zum Dialog. Von nun an geht es Arrival darum, unter der Kommando von Colonel Weber (Forest Whitaker, Zulu) gemeinsame Kommunikationskanäle zwischen beiden Parteien zu forcieren, das eigene Vokabular (auch im übertragenen Sinne) zu erweitern, einen Zugang zueinander zu finden, um das Erforschen einer anderen Spezies auch zur Erforschung des eigenen Seins zu erheben. Arrival löst die Zeit dabei als daseinskonstitutive Determinante ab, die Sprache selbst ist es, die unser Bewusstsein prägt, unsere Wahrnehmung ausbildet, unser Hirn vernetzt: Die Rückwendung steht synonym zur Vorausdeutung und unterhöhlt simultan dazu die Erwartungshaltung des Zuschauers.

Diese anvisierte Meditation über die Möglichkeiten von Kommunikationsverhalten gestaltet sich als einnehmende Seherfahrung und erweckt gleichwohl viel Vorfreude auf Denis Villeneuves kommende Umsetzung von Blade Runner 2049. Suggestiv und von zuweilen majestätischer Schönheit, wird das Geschehen zuweilen in gar genuinen Bild- und Tonwelten gebündelt, wie sie dieser Tage augenscheinlich nur Denis Villeneuve zu evozieren vermag. Die herkömmlichen Erzählmechanismen des angedeutete Invasoren-Topos werden geschickt unterlaufen, ja, sogar verschleppt. Größtenteils jedenfalls, gegen Ende kulminieren einige recht unglückliche Ansätze (die Zeichnung von etwaigen Feindbildern stößt sauer auf) vollends in ärgerlichen Entscheidungen. Und doch muss man diesem Film Lob und Anerkennung spenden, findet er doch immer noch fließend-philosophische (Gedanken-)Gebäude der Innovation und wirkt dem künstlerischen Ausverkauf dieses weitestgehend plattgewalzten Genres mit ambitiöser Entschiedenheit entgegen.

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