Kritik: The Founder (USA 2016)

© Splendid / Tobis

If I saw a competitor drowning, I’d shove a hose down his throat.

Seit einer gefühlten Ewigkeit tingelt Ray Kroc (Michael Keaton, Spotlight) bereits erfolgslos durch die Landen, reist von Restaurant zu Restaurant, von Diner zu Diner, und quasselt sich den Mund fusselig, um einen der Milchshake-Mixer an den Mann zu bringen, die fünf Shakes auf einmal zubereiten können. Seinen Ohren mag er kaum trauen, als ihm die Bestellung von sechs Mixern entgegengebracht wird. Sechs! In den letzten Monaten hat er kaum ein einziges der klobigen Gerätschaften für den Küchenbedarf loswerden können. Ist dies also der Startschuss einer Geschichte des ungeahnten Erfolges? Oh ja, allerdings haben die Milchshake-Mixer, den die beiden Brüder Mac (John Carroll Lynch, Fargo) und Dick McDonald (Nick Offerman, 22 Jump Street) orderten, ebenso wenig damit zu tun, wie The Founder mit einem herkömmlichen Biopic nach Shema-F.

In dem Moment, in dem Ray Kroc das urige Diner der Gebrüder McDonald ins Auge fällt und er Zeuge wird, wie sich endlose Schlangen an Besuchern vor den Schaltern in Windeseile auflösen, da in der Küche ein perfektionistisch ausgearbeiteter Bewegungsplan verinnerlicht wurde und das Essen hier in Papiertüten zum Sofortverzehr ausgeschenkt wird, wittert er endlich das große Geld. Wie die Geschichte ausging, dürfte heute allen klar sein: McDonald’s versteht sich inzwischen als marktführendes Schnellimbissfranchise und Ray Kroc hat die gutmütigen Idealsten, die Mac und Dick darstellen, nach Strich und Faden ausgenommen: Der Kapitalismus siegte über den Idealismus. Dabei geht John Lee Hancock zu Beginn des Films noch derart geschickt vor und lockt den Zuschauer geflissentlich in die Biopic-Falle.

Alles erweckt hier vorerst nämlich noch den Anschein, als würde sich auch The Founder an der (oftmals inhärent erscheinenden) Formelhaftigkeit des Sujets orientieren und sich mit sklavischer Beharrlichkeit an der verbürgten Faktizität der wahren Begebenheit entlang arbeiten. Ray Kroc ist dabei die obligatorische Sympathiefigur, der man den Durchbruch nur wünscht, weil er in der Vergangenheit einmal zu oft auf die Schnauze gefallen ist. Dass The Founder die Vom-Tellerwäscher-Zum-Millionär-Dramaturgie beibehält, sie aber im Verlauf der Handlung immer deutlicher mit düsteren Zwischentönen konnotiert, ist das Geheimrezept für das Gelingen des im Vorfeld weitreichend als Stangenware abgestraften Werkes. In Wahrheit nämlich vollstreckt The Founder in Bezug auf seinen Hauptakteur eine Verwandlung, die man in diesen primär auf ein Mainstreampublikum schielenden Gefilde viel zu selten erleben darf.

The Founder formuliert sich als ein wirtschaftspolitisches Lehrstück dahingehend, wie die Raffgier die ehrenwerte Tugendhaftigkeit Stück für Stück unter sich begräbt. Das Lächeln von Ray Kroc, welches man eigentlich als ein ehrliches werten wollte, wirkt zusehends exponierter: Sicherlich erzählt John Lee Hancock hier auch von der Tatsache, dass die ausgefahrenen Ellenbogen immer noch mehr Ertrag bringen, als Gutwilligkeit und Wohlwollen. Wirklich überraschend an The Founder aber ist nicht nur der Umstand, wie gekonnt der kurzweilige Film das schablonenhafte Wesen der Leinwandbiographien unterwandert, sondern auch, wie gezielt er den amerikanischen Traum entlarvt. Letztlich nämlich sind in das Fundament dieses Traumes doch nur Verrat und Egoismus eingemeißelt – die lauteren Absichten bleiben unbelohnt. Das Sahnehäubchen setzt The Founder indes ein blendend aufgelegter Michael Keaton an vorderster Front auf. Klasse.

The Founder ist ab dem 25. August auf Blu-ray und DVD erhältlich.

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