Serienhighlight aus England: "Sherlock- Ein Fall von Pink" (2011)

Breit getretene Genre-Pfade? Nö. Verbrauchte Gesichter und Schauspieler? Nö. Eine Story, wie wir sie bei Holmes schon 100 mal gesehen haben? Nö. Lahme Inszenierung? Nö. Eine Geschichte, die nur auf einen Storytwist abzielt? Nö.

Paul Mcguigan besinnt sich nach dem Totalausfall PUSH wieder auf seine Stärken, Geschichten atmosphärisch und mit der Prämisse des großen Geheimnisses zu erzählen. Er war immer ein Regisseur, der nur mit einer starken Story gute Filme erzählen konnte. Bei PUSH gab es die nicht, deshalb gab es nur seine Stylestandarttüte. Hier bringt er alles zusammen, was ihn schon bei LUCKY NUMBER SLEVIN auszeichnete. Spitzfindige Dialoge, interessante Impressionen Londons und viele kantige, niemals glatte Figuren.

Martin Freeman ist Doctor Watson. Er kommt aus dem Krieg. Holmes ist Pathologe. Beide ziehen zusammen. Interessanterweise ist Holmes nie als Sympath gezeichnet, sondern als Querkopf, der nicht damit klar kommt, dass seine Mitmenschen nicht “denken” können. Er spricht so schnell wie ein Maschinengewehr, und weiß nach nur drei Sekunden alles über sein Gegenüber, was in waghalsig montierten Flashbacks erläutert wird. Das ganze würde zur Style-Over-Substance Orgie verkommen, wenn der Film nicht noch eine starke Geschichte und interessante Storytwists zu bieten hätte. Aber auch die Schrulligkeit der Doyle-Romane kommt nicht zu kurz. Für Gemütlichkeit ist auch durch die Ausstattung gesorgt. Freeman und Benedict Cumberbatch harmonieren perfekt und sind nicht unbedingt das, was man massentaugliche Zuschauermagneten nennt. Sehr kantig. Ein weiteres Plus. Der Showdown ist ein Kampf der Worte, nervenzerreisend und klug. Holmes ist weiterhin ein Unsympath und verschroben, aber der Zuschauer mag ihn. Weil er weiß, dass er ein besserer Mensch ist.

Holmes ist im 21 Jahrhundert angekommen und hat mit Guy Ritchies Neuauflage außer dem Tempo nichts gemein. Der Film ist der erste Teil einer BBC-Serie und kann von mir nur wärmstens empfohlen werden. Ein Thriller! Nee. Drama! Nee. Komödie! Nee! Der Film bietet alles.

Bewertung: 8/10 Sternen

PS: David Arnold hat zu seiner musikalischen Stärke zurückgefunden und zaubert einen Score zwischen Victorianischen Geigen und “Dexter”-ähnlichen Synthieklängen. Famos.

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