Filmkritiken zu „Hyena Road“, „Barça“ und „The Dressmaker“

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Der April steht bei Ascot Elite mal wieder ganz im Zeichen der Vielfältigkeit. Mit „Hyena Road“, „Barça – Der Traum vom perfekten Spiel“ sowie „The Dressmaker – Die Schneiderin“ bekommen die hiesigen Heimkino-Regale erneut interessantes Futter geboten, mit dem man sich durchaus auseinandersetzen darf. Erwarten wird einen hierbei Enttäuschendes, Absehbares und, nicht zuletzt, Überraschendes. Aber dazu mehr in den jeweiligen Einzelbesprechungen.

Hyena Road (CA, 2015)

von Paul Gross, u.a. mit Paul Gross, Rossif Sutherland und Allan Hawco

Provinz Kandahar. Südafghanistan, Geburtsort der Taliban und ein sich über 450.000 Quadratkilometer erstreckendes Terrain, dominiert von brutalen Aufständen, gegensätzlichen Ansichten, Stammesrivalitäten und Blutfehden. Hier findet sich die Operationszone der kanadischen Streitkräfte wieder und „Hyena Road“ empfindet sie nach, die inhärente Verworrenheit inmitten des Schmelztiegels des Feindeslandes. Jedenfalls glaubt Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Paul Gross jenes. Den Versuch, einen neutralen Einblick in das von Krisen und Kriegen gebeutelte Afghanistan zu vermitteln, also ein Gefühl für reelle Befindlichkeiten zu etablieren, verliert „Hyena Road“ dann doch recht zügig aus den Augen, vor allem, wenn die actionorientierte Inszenierung deutlich macht, dass es letztlich nur um den Einschlag, nicht aber um seine mannigfaltigen Motivationen geht. Auch das Sterben bleibt in „Hyena Road“ ein ehrenvoller Akt, obwohl man Gross attestieren muss, dass er sich in Sachen Hurra-Patriotismus weitestgehend bedeckt hält, sich dafür aber an der physischen Energie der Kampfhandlungen regelrecht labt. Nur selten wird es vollbracht, über das tumbe Ballern und Taktieren hinauszuwachsen und weitergehend aufzeigen, dass Afghanistan für die Soldaten einem fremden Planeten gleicht. Die Heimat liegt in weiter Ferne. Vertraute werden zu digitalen Projektionen auf dem Bildschirm minimiert. Für Zwischenmenschlichkeit und (Selbst-)Reflexion bleibt in „Hyena Road“ indes kein weiterer Platz, denn die Mündungsfeuer müssen glühen, glühen, glühen.

Barça – Der Traum vom perfekten Spiel (ESP 2015)

von Jordi Llompart, u.a. mit Lionel Messi, Xavi Hernandez und Johan Cruyff

Nur eine unter Tausenden. Nichts anderes ist „Barça – Der Traum vom perfekten Spiel“. Eine tendenziöse Dokumentation, die sich an einer Formel orientiert, die, wenn überhaupt, durch Schmeicheleien die Anhängerschaft des FC Barcelona zufriedenstellt. Dabei vollbringt es „Barça – Der Traum vom perfekten Spiel“ in den ersten Minuten, das Stimmungsbarometer gen Norden ausschlagen zulassen, wenn die komprimierte Klangkulisse ein Fußballspiel begleitet und nur die Schritte, den schweren Atem, den Herzschlag aufnimmt, um diese dann vom euphorischen Jubel der Masse aufbrechen zu lassen. Hier, in diesen ersten Augenblicken, macht Jordi Llompart deutlich: Ja, das Camp Nou ist ein physischer Ort, an dem Legenden geboren werden. Ansonsten taugt die Dokumentation, die sich selbst damit brüstet, die „Geheimnisse“ des FC Barcelona zu lüften, höchstens dafür, die entsprechende Bettschwere zu spendieren, um langsam vor dem Bildschirm wegzusacken. Eine undifferenzierte Heldenverklärung trifft auf die chronologische Abarbeitung der Vereinsgeschichte und versackt in Kombination im konventionalisierten Dienst nach Vorschrift. Am ehesten könnte man sich „Barça – Der Traum vom perfekten Spiel“ im Vorabendprogramm des ZDF vorstellen, mit seinem ausgestellten Wikipedia-Wissen und der Scheu, das eigene Sujet durch schöpferische Sprengkraft zu transzendieren. Nein, durch eine trockene Faktenorientierung wird man der mythischen Tiefe des FC Barcelona nicht gerecht, aber bevor Jordi Llompart diese Erkenntnis gewinnen könnte, müsste er erst einmal einsehen, dass dieser Verein eine traditionsverhaftete Dynamik mit sich trägt, die nicht nur liebgehabt werden möchte.

The Dressmaker – Die Schneiderin (2015)

von Jocelyn Moorhouse, u.a. mit Kate Winslet, Liam Hemsworth und Hugo Weaving

Dessen inbrünstige Enthusiasten sowie das Kino selbst kann nur jubilieren, wenn sich Kate Winslet ihrer Passion hingibt und die Leinwände (mal wieder) im anmutigen Sturm erobert. Auch „The Dressmaker – Die Schneiderin“ gehört voll und ganz der gewandten Britin; und nicht zuletzt ihre einmalige Grandezza ist es, die den Film zu einem doch recht überraschenden Erlebnis verhilft. Stilvoll in die feinsten Stoffe gehüllt, gibt sich Winslet nicht nur ihrem weitreichend bekannten Faible für Kostümierung hin, die schicke Garderobe, all die exklusiven Anfertigungen, sie dienen „The Dressmaker – Die Schneiderin“ in metaphorischer Hinsicht, denn hier bildet die Haute Couture keine elegante Fassade, sondern provoziert das direkte Gegenteil: Wo die Schneiderin akkurat Maß nimmt, bricht sukzessive das Gute und absolut Schlechte im Menschen Bahn. Überspitzt und elegant ebnet sich „The Dressmaker – Die Schneiderin“ den schrulligen Weg durch Provinzialität und Denunziation, um Kate Winslet als ominöse Heimkehrerin mit ihrer Vergangenheit aufräumen zu lassen. Die märchenhafte Patina, die sich über das Geschehen stülpt, wirkt vor allem im Kontrast mit den seelischen Wunden, die diesen graziös gewebten Schleier immer wieder zu durchbrechen wissen. Zugegeben, dramaturgisch zerschossen ist „The Dressmaker – Die Schneiderin“ tatsächlich, aber bereits die erste Szene, wenn Kate Winslet mit dem Bus in ihrem Heimatdorf ankommt, in ihrer Hand eine Nähmaschine, entschlossen wie ein Western-Pistollero, muss man dieser nicht uninteressanten Lust an Variationen Respekt zollen.

 

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