Klassiker-Tipp der Woche "Carrie" (1977)

Gottgläubige sind besessen, die erste Menstruation kommt in der Dusche, eine Schülerin kann mit Gedankenkraft Dinge bewegen, ein Schulball wird zum Massaker.

DePalma erzählt die Geschichte der gehänselten Carrie äußerst plakativ, aber auch unfassbar anregend, verstörend und wunderschön zugleich. Erstaunlich geschrieben und inszenert sind auch die von Stephen King entworfenen Charaktere. Sie sind in einer Sekunde hassenswert, dann wieder unglaublich liebenswürdig. Keine Figur bleibt eine Karikatur oder klischeehafte Marionette. Selbst Carrie ist Protagonist und Antagonist zugleich. Schwer umzusetzen, diese Zerrissenheit der Figuren. Dabei weicht der Regisseur gerne einmal auf platte Symbolik aus, im Grunde schafft er es aber, die Geschichte spannend und stringent zu erzählen.

Was Kameramann Mario Tosi und seine Linse abliefern, ist filmischer Genuss der alten Schule, er bietet nicht nur eine der schönsten Tanzszenen der Filmgeschichte, sondern bleibt nahe an den Figuren. Er überreizt und verstört durch seine Bilder, aber bleibt nah am Menschen. Das Konzept geht auf.

Sissy Spacek, sowie die anderen Darsteller auch, leisten Erstaunliches: Sie bleibt unnahbar, hässlich, in der nächsten Sekunde aber wieder schön, fast schon lasziv. Da sieht man auch gerne mal über DePalmas Frauenbild unter Einsatz von Slowmotionduschszenen und roten sinnlichen Lippen in Großaufnahme hinweg. Der Mann hat ein absolut gestörtes Verhältnis zur Frau. Davon mal ganz abgesehen, der Film bleibt packend. Nicht zu Unrecht ist dies ein Klassiker, den es sich lohnt, anzuschauen, denn alt oder verstaubt ist dieser Film zu keiner Sekunde.

Fazit: Audiovisuell aufregendes Drama, geschickt fotografiert, gespielt und inszeniert. Guter Horror ist schön.

Bewertung: 7/10 Sternen

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