Kritik: 24 Hours to Live (USA 2017)

© Thunder Road

Ein Mann ohne Familie hat nichts zu verlieren.

Was musste Ethan Hawke (Gattaca) doch Zeit seiner Karriere für Schelte über sich ergehen lassen. Zu ausdruckslos, zu gewöhnlich sei sein Spiel. Dass derlei Verurteilungen auch mit einer Oscar-Nominierung für Training Day nicht abklingen wollten, hat dann doch mehr mit Realsatire denn ernsthafter Kritik zu tun – pointierter als sein Oscar-prämierter Kollege, Denzel Washington (The Equalizer), trat Hawke im Cop-Thriller von Antoine Fuqua nämlich definitiv auf. Inzwischen aber scheint der texanische Schauspieler in der Filmwelt (und ebenfalls beim Publikum) angekommen zu sein, was sich in seiner cleveren, bunt gecheckten Rollenwahl niederschlägt: Sinister, Boyhood, Predestination, Regression, In a Valley of Violence und Maudie. Da erscheint es fast nur logisch, dass sich diese Genre-Vielfalt nun mit 24 Hours to Live durch ein echtes Action-Brett erweitert.

Als Söldner im Ruhestand darf Hawke es sich zusammen mit seinem Schwiegervater (Rutger Hauer, Blade Runner) zu Anfang noch am Meer gemütlich machen. Die blutigen Tage sind gezählt, stattdessen soll dem Alkohol ausgiebig gefrönt werden. Wie es das Genre allerdings vorschreibt, wird Travis Conrad doch noch zu diesen einen letzten, mit einer Millionensumme verdächtig hoch dotierten Auftrag umgestimmt – und der geht, auch das ist dramaturgischer Usus, gewaltig in die Hose. Auf der Suche nach einem Alleinstellungsmerkmal versucht sich 24 Hours to Live nun daran, seine schwelende Rache-Geschichte mit dem Lazarus-Effekte zu verschränken: Denn obwohl Travis durch mehrere tödliche Kugeln auf offener Straße zu Boden ging, präsentiert er sich durch die Hilfe einer fadenscheinigen Organisation alsbald wieder überaus lebendig.

Nur, dass die Verantwortlichen dieses nebulösen Reanimationsverfahren Travis nicht auf Dauer zurück ins Leben holen wollen – ganz zum Unmut seiner Person. Und damit beginnen die titelgebenden 24 Stunden, die der Wiedergänger nun erhält, um einige Rechnungen zu begleichen. Regisseur Brian Smrz, der vor allem durch seine Arbeit als Stuntman bekannt geworden ist, inszeniert 24 Hours to Live als eine Mischung aus John Wick und Crank – besitzt aber weder den Stilwillen des Ersten, noch die überdrehte Hemmungslosigkeit des Zweiten. Vielmehr ist der Action-Thriller einen zu großen Teil seiner Handlung damit beschäftigt, in trüben Gewässern zu fischen: Verschwörungen und Intrigen; Verräter und Renegaten. Diese Sujets sind abgeschmackt, folgen immerzu derselben Logik und gerade durch die zeitliche Einschränkung ist der Ausgang des Filmes weitestgehend klar.

24 Hours to Live nämlich geht kein Risiko ein, sein Blick weicht nicht vom Obligatorischen ab – und der Zombie-Aspekt, der den auferweckten Travis umgreift, bleibt seltsam ungenutzt. Dass Brian Smrz’ zweiter, geradewegs für das Heimkino veröffentlichter Film aber dennoch funktioniert, liegt am Dynamik-Verständnis seines Regisseurs. Die Schusswechsel und Faustkämpfe mögen nicht visionär choreographiert sind, aber sie sind energetisch und mit dem entsprechenden Gewaltgrad ausstaffiert. Wenn es handgreiflich wird, dann macht 24 Hours to Live die Charaktere vom Reißbrett und die inhaltliche Inkohärenz fast vergessen. Ein großes Lob gebührt dabei – natürlich – auch Hauptdarsteller Ethan Hawke, der den Ex-Söldner mit verlebter Müdigkeit und dem letzten Ansporn, die Dinge ein für allemal zu regeln, verkörpert. Durch Hawke erscheint es stimmig, wenn die Vergangenheit in die Gegenwart und das Totenreich in das der Lebenden greift.

24 Hours to Live ist seit dem 11. Mai 2018 auf Blu-ray und DVD erhältlich.

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