"Red Riding Hood" (USA 2011) Kritik – "Twilight" Reloaded

“Ich hab nicht das Gefühl, dass ich heirate. Ich hab das Gefühl, dass ich verkauft werden.”

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Valerie ist leidenschaftliche Trägerin eines roten Umhangs, der ihr zu dem Spitznamen „Red Riding Hood“ verhilft. Doch das hübsche Mädchen steht kurz vor ihrer Hochzeit, die von ihren Eltern arrangiert wurde und die Wahl des Bräutigams fiel auf den gutbetuchten Henry, damit ein sorgloses Leben endlich in Aussicht steht. Valerie ist jedoch nicht ganz so begeistert von der bevorstehenden Ehe, denn ihr Herz schlägt in Wahrheit für den einsamen Außenseiter Peter, der Valerie schon lang den Kopf verdreht hat. Es gibt also nur einen Ausweg: Die Flucht vor der aufgezwungenen Ehe. Als es jedoch zu einem schrecklichen Zwischenfall kommt und Valeries Schwester Lucie von einem mysteriösen Werwolf umgebracht wird, sind die Zukunftspläne auch schnell zunichte gemacht. Der berüchtigte Werwolfjäger Pater Soloman nimmt sich dem Fall an und hat nur noch eine Sache im Kopf: Den Tod des gefräßigen Monsters. Aber Soloman weiß genau, welche Gefahren noch auf alle Beteiligten zukommen, denn der Werwolf kann am Tage menschliche Gestalt annehmen…

Mit Catherine Hardwicke hat man eine Filmemacherin auf dem Regiestuhl, die sich in der jungen Vergangenheit nicht gerade beliebt gemacht, schließlich war sie doch für den unsäglichen ersten Teil von „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ verantwortlich und hat den Startschuss für das Teenie-Franchise gegeben. Die Besetzung von „Red Riding Hood““ gleicht dementsprechend auch der der blassen Vampir-Schmonzette. Es wird auf unverbrauchte Gesichter gesetzt, die sich an jeder Zimmerwand unzähliger Teenager passend platzieren könnten, aber jedes schauspielerische Talente durch ihr gelecktes Aussehen verdrängen. In der Hauptrolle hätten wir Amanda Seyfried als Valerie, die nicht minder ausdruckslos bleibt wie Kristen Stewart und sich mit ihr in Sachen dämliches um die Wette Glotzen ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern könnte. Neben ihr sind Shiloh Fernandez als Peter und Max Irons als Henri zu sehen, die das Jugendschwarm-Klischee exakt ausfüllen und gänzlich uninteressant daherkommen. Auch Virginia Madsen, Lukas Haas, Billy Burke und Julie Christie sind mit von der Partie, gehen aber schnell in der Langeweile unter. Besonders schade ist es um Charakter-Darsteller Gary Oldman als Pater Soloman, der zwar problemlos die beste Leistung des Films bringt, sich aber vollkommen unter Wert verkauft und das Mitwirken in einem solchen Schund wirklich längst nicht mehr nötig hat.

Wenn es um Märchen geht, dann sind die Kinderohren natürlich schnell gespitzt und die Geschichten rundum Schneewittchen, Dornröschen oder Aschenputtel jedem bekannt. Aber auch die Filmwelt ist inzwischen an dem Punkt angekommen, an dem sie sich nicht mehr stur den Buchvorlagen annehmen wollen, sondern auch mal ganz eigene Interpretationen auf die Leinwand bringen, die sich lose an den Romanen orientieren, aber ganz neue Genre-Elemente in die Szenerie einfügen. Eine durchaus interessante Art, Altbekanntes wieder in einem neuen Licht erstrahlen zu lachen, auch wenn die Ergebnisse nicht immer das Gelbe vom Ei sind. Man denke nur an Terry Gilliams „Brother Grimm“, der sich durch seine Ziellosigkeit selbst in das Aus geschossen hat. Aber auch Joe Wright hat sich mit „Wer ist Hanna?“ unscheinbar den Märchen-Facetten bedient und einen mehr als sehenswerten Film inszeniert. Catherine Hardwickes Anleihen sind natürlich schon beim Anblick des Covers von „Red Riding Hood“ längst nicht mehr zu verstecken und die Geschichte von Rotkäppchen und dem bösen Wolf macht sich unaufhaltsam in den Gedanken des Betrachters breit. Jedoch ist die Umsetzung so sträflich in die Hose gegangen, dass man froh darüber sein kann, dass die Gebrüder Grimm dieses Debakel nicht mehr mit ansehen müssen.

In „Red Riding Hood“ soll alles möglichst geheimnisvoll und undurchsichtig aufgezogen daherkommen. Wir werden in ein verschneites Märchen-Setting gezogen, das zwar hin und wieder seine optischen Reize hat, aber durch die fehlende Atmosphäre jedes Potenzial unter den weißen Massen versteckt hält. Die Charaktere sind schnell durchschaut und das konservative Schubladendenken kennt keine Grenzen: Wir haben die gestylten Adonisse, die sich wie gewohnt als geleckte Lackaffen herausstellen und die zarte Schönheit, die sogar einmal kurz ein paar Knöpfe der Bluse geöffnet bekommen darf. Mehr bleibt von den Persönlichkeiten und den Handlungen dieser nicht im Kopf. Eindimensionalität trifft auf gähnende Langeweile, die jede Spannung in der Seelenlosigkeit erstickt und besten Falls die anspruchslose Teenie-Generation erreichen wird, was natürlich letztlich an den profillosen Akteuren liegt, deren äußerliche Makellosigkeit dem aufgeblasenen Kasperltheater perfekt in die Arme spielt. Catherine Hardwicke versucht krampfhaft ein rätselhaftes Mystery/Fantasy-Märchen zu entwerfen, doch die unübersehbare Inhaltsleere verdeutlicht die vollkommen höhepunktlose Inszenierung mit ganzer Kraft. Die Werwölfe werden mal wieder zu Lachnummern, genau wie jede andere Figur, und die aufgezwungene Modernität, mit der Hardwicke ihre miserable Geschichte immer anfeuern will, gibt „Red Riding Hood“ endgültig den verdienten Gnadenstoß.

Fazit: Mit einer stilvollen Annahme des beliebten Märchens „Rotkäppchen“ hat Catherine Hardwickes freie Interpretation „Red Riding Hood“ gar nichts zu tun. Zwar lässt sie dieses Mal (zum Glück) die Vampire aus dem Spiel und konzentriert sich auf eine Geschichte rundum die Werwölfe, doch das wertet weder die Qualität des Film auf, noch ist das in irgendeiner Art und Weise unterhaltsam. „Red Riding Hood“ ist seelenlos, langweilig und schrecklich altbacken. Spannung kommt zu keiner Sekunde auf und die prüde Verklemmtheit Hardwickes lässt keinerlei Überraschungsmomente zu. Ein Totalausfall, der in seiner inszenatorischen Dummheit konsequent gegen die Wand hämmert.

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