Game of Thrones: Recap zur letzten Folge The Winds of Winter und Gesamtfazit zur Staffel 6

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Winter is here

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Autor: Patrick Kunze

So schnell sind zehn Wochen vorbei und die Warterei ist wieder angesagt. Die sechste Staffel Game of Thrones ist vorbei und um zu einem würdigen Abschluss des Recaps zu kommen, wird dies auch kein gewöhnlicher Beitrag zur finalen Folge (das könnte dem Staffelabschluss auch nur schwer gerecht werden) sondern vielmehr ein großer Rundumschlag zur gesamten sechsten Staffel, mit Augenemerk auf die Geschehnisse in The Winds of Winter.

Was habe ich selber teilweise gemeckert über die Behäbigkeit einiger Erzählstränge. Vor allem Daenerys wollte mir zu Beginn von Staffel Sechs nicht wirklich gefallen. Zu behäbig, zu ziellos wirkte ihr Aufeinandertreffen mit den Dothraki, doch wenn die Mother of Dragons am Ende an der Spitze ihrer riesigen Armada an Kriegsschiffen, begleitet von ihren (fantastisch animierten) Drachen gen Westeros segelt, verzeihe ich so gut wie alles. Natürlich hatte die Staffel die ein oder anderen Probleme und Unebenheiten in der Erzählweise aber dann auch wieder so viele großartige Momente, die das Abenteuer Game of Thrones einfach für mich ausmachen. Es hat Spaß gemacht den Figuren dabei zuzusehen wie sie auf dem großen Schachbrett von Westeros platziert werden um dann in einer finalen Auseinandersetzung herauszufinden wer wirklich auf den eisernen Thron gehört (ich persönlich habe übrigens kein Problem damit dass Staffel Sieben und Acht nur noch auf 13 Folgen kommen werden).

The Winds of Winter startet ungewöhnlich beunruhigend, ein paar Glockenschläge deuten auf die nahende Verhandlung von Loras Tyrell und Cersei Lannister in der Septe Baelor hin. Der Score von Ramin Djawadi (dickes Lob!) beginnt mit Klaviertönen, wird von Streichern erweitert und untermalt das Geschehen nahezu perfekt – eine Unruhe beim Zuschauer macht sich breit, man spürt das etwas nicht stimmt. Die vagen Andeutungen während der Staffel auf das Wildfire, dass vom Mad King unter Kings Landing versteckt wurde, bestätigen sich, als die komplette Septe in die Luft gesprengt wird. Cersei schaffte sich mit einem Streich alle ihre (nahen) Widersacher vom Hals. Der sich für unantastbar haltende High Sparrow unterschätzt seine Gegenspielerin, allein Margery erkennt die Situation, doch zu spät. Von der Ferne aus muss König Tommen beobachten wie alles voran er geglaubt und was er geliebt hat, zu Asche verglüht. Zu viel für den jungen Regierenden, in Verzweiflung stürzt er sich aus seinem Fenster in den Tod – allein durch die Beiläufigkeit der Bilder, eines der größten Tiefschläge dieser Staffel, das kurz darauf folgende ‘For House Lannister’ im Szenewechsel zu Walder Frey und Jaime, setzt einen letzten brutalen Nadelstich.

Für einen zynischen Zuschauer könnte die letzte Folge fast ein wenig schmerzhaft gewesen sein. Über große Diskussionsthemen wird nahezu belanglos hinweggegangen oder mit kurzen Worten zu Ende gebracht – we have to trust each other, we have so many enemies now – um zum Beispiel den Konflikt zwischen Sansa und Jon zu erwähnen. So ist die Ernennung von Jon Snow zum King in the North und Nachfolger seines (vermeintlichen) Vaters Eddard Stark auch deshalb so wunderschön, weil sie außerhalb der Kontrolle der wichtigen Charaktere liegt und auch die Schuld nicht hin und hergewälzt werden kann, was hätte unternommen werden können. Was Petyr ‘Littlefinger’ Baelish da noch ausrichten kann, damit sein Traum vom eisernen Thron wahr wird? Sein erneuter Annäherungsversuch an Sansa wirkt nahezu erbärmlich und ich hoffe dass sie erkennt dass die wahre Stärke, die sie brauchen um gegen die Gefahr aus dem Norden anzukommen, nur im Zusammenhalt ihrer Familie zu finden ist. Dabei geht der letzte Trip in die Vergangenheit von Bran fast ein wenig unter, in dem erklärt wird dass Jon gar nicht wirklich der Sohn von Ned Stark, sondern von seiner Schwester Lyanna und dem Kronprinzen Rhaegar ist, die allseits beliebte Fantheorie R+L=J hat sich also als wahr herausgestellt, Jon hat einen legitimen Anspruch auf den eisernen Thron und ist außerdem der Neffe von Daenerys. Wie da die Entwicklung bezüglich gewisser Allianzen aussehen bleibt spannend.

Um zu einem netten Schlusspunkt zu kommen: Eine der schönsten Szenen der gesamten Staffel haben Tyrion und Daenerys zusammen. Nachdem sie ihren Liebhaber Daario Nahaaris befiehlt in Meereen zu bleiben um für Recht und Ordnung zu sorgen, bekommen wir eine eine Szene zwischen ihr und Tyrion zu sehen, in der nach und nach jeder von ihnen etwas von seiner eigenen (emotionalen) Rüstung ablegt und (wenn auch nur ein klein wenig) die emotionale Zerbrechlichkeit der beiden Charaktere offenlegt. Die Vergangheit die Tyrion belastet, die Zukunft die Daenerys Angst macht – ein kongeniales Team und deswegen auch absolut richtig von ihr, Tyrion zu ihrer Hand of the Queen zu ernennen (zu beachten ist, dass er sich im Bildausschnitt tatsächlich mit ihr auf Augenhöhe befindet) und wenn alle am Ende gen Westeros segeln, ist jedem Zuschauer klar, dass Game of Thrones sich in den finalen Atemzügen befindet und nächstes Jahr mit den letzten großen Konfrontationen aufwarten wird. Ich freue mich drauf.

PS: Arya macht mit ihrem Attentat auf die Freys einiges wieder gut, auch wenn das alles schon ein klein wenig nach Fanservice stinkt..

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Autor: Pascal Reis

Vielerorts hört man immer noch, dass „Game of Thrones“ nur eine auf niedere Gelüste spekulierende Seifenoper sei, die sich schlicht auf eine primitive Abfolge von Exploitation und Sleaze verlässt. Natürlich stammen diese Vorwürfe von Leuten, die „Game of Thrones“ entweder nie eine Chance gegeben haben oder eben nicht in der Lage sind, aus ihrer von Neid gefressenen Warte herauszuwachsen, um anzuerkennen, dass manche Hypes nun mal durchaus gerechtfertigt sind. Die sechste Staffel, die gerade ihr beeindruckendes Finale gefunden hat, ist jedenfalls der endgültige Beleg dahingehend, dass „Game of Thrones“ voll und ganz zu sich selbst gefunden hat – und das, nachdem weitreichend gezittert wurde, ob das Format nach der Überholung von George R. R. Martins Buchvorlage überhaupt bestehen könnte. Man muss sich sogar ernsthaft die Frage stellen, ob „Game of Thrones“ jemals besser war? In jedem Fall überzeugen die 10 Episoden der sechsten Staffel durch ein ausgefeiltes Storytelling, welches nur selten den Fehler begeht, Handlungsstränge überhastetet im luftleeren Raum versiegen zu lassen, stattdessen erfolgt weitergehend die findige Vernetzung mit der Politik unserer Gegenwart – und damit auch die zielstrebige Besinnung auf die eigentliche Stärke der Serie: Wer sich wirklich für hintergründige Mechanismen politischer Konsequenzen interessiert, der ist bei „Game of Thrones“ und der Spiegelung, die unsere Zeit reflektiert, ohnehin sehr gut aufgehoben. Tatsächlich muss man sogar so weit gehen, dass die sechste Staffel Geschichte geschrieben hat, da sich die Intrigen am Hofe nun mehr in eine epische Dimension aufgeschwungen haben, die ihresgleichen sucht. Die entscheidende Verdichtung auf das sich merklich anbahnende Ende jedenfalls gibt dem Narrativkörper der Serie eine kraftstrotzende Potenz, von der wir uns, im positiven Sinne, eine Pause redlich verdient haben.

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