Kritik: Green Book – Eine besondere Freundschaft (USA 2018)

Greenbook, 2019, Film, Kritik, Review

Peter und Bobby Farrelly sind in Hollywood nicht gerade für ihre feingeistigen Komödien bekannt. Das Regie-Duo bevorzugte bei ihren größten Hits wie Dumm und Dümmer, Verrückt nach Mary oder Ich, beide & sie eher die Holzhammer-Methode: Zoten, Flachwitze und Slapstick definierten ihre Filme. Trotzdem waren die Arbeiten des Regie-Duos selten fies oder verletzend. Zwar zielten ihre Witze auf alles und jeden ab und trafen bevorzugt unter der Gürtellinie und dennoch wurden die Außenseiter, gesellschaftlichen Verlierer und schrägen Charaktere immer mit Herz gezeichnet. Insofern ist es eigentlich gar nicht so verwunderlich, dass sich Peter Farrelly mit Green Book – Eine besondere Freundschaft (mal wieder ein Titelzusatz des Schreckens) an einer reinen Feelgood-Komödie versucht und diese (halben) Genrewechsel auch mit Bravour meistert, sich sogar regelrecht zum Kritikerliebling mausert. Peter Farrelly ein Kritikerliebling, der bei den Golden Globes abräumt und dessen Film auch bei den Oscars gute Chancen haben dürfte? Das ist wohl der beste Witz, den die Farrellys seit Jahren gebracht haben.

In Green Book geht es um das namensgebende Büchlein. Es wirkt fast unschuldig, wie es auf dem Beifahrersitz des Italo-Amerikaners Tony Lip (Viggo Mortensen) liegt. Dabei handelt es sich bei dem „The Negro Motorist Green Book“, so die offizielle Bezeichnung, um ein Dokument, das von einem dunklen Kapitel der amerikanischen Geschichte zeugt. Dieser Reiseführer diente Schwarzen auf Reisen durch den amerikanischen Süden dazu, Restaurants, Hotels, Ärzte und Tankstellen zu finden, an denen sie nicht aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert wurden. Das Green Book wurde so zu einer verlässlichen Überlebenshilfe, sollte die Tour durch den Süden der USA halbwegs unbeschadet überstanden werden. Diese Reise will auch der schwarze Pianist Dr. Don Shirley (großartig: Mahershala Ali) antreten und dies sogar aus freien Stücken. Der Ausnahmemusiker will im Jahre 1962 eine zweimonatige Konzerttournee durch den Süden der USA antreten, um Vorurteile abzubauen und ein Zeichen für gegenseitige Akzeptanz zu setzen.

Green Book – Eine besondere Freundschaft ist in erster Linie eine Buddy-/Feelgood-Komödie mit politischem Unterton, die erstaunlich gut funktioniert. Das liegt in erster Linie an dem Schauspiel-Duo Ali/Mortensen, die wunderbar harmonieren und ihre eigenwilligen Vorbilder mit größter Spielfreude zu interpretieren wissen. Dabei machen es die Figuren dem Zuschauer nicht gerade einfach, ihnen Sympathie zu schenken. Während der Pianist Dr. Don Shirley wie in einem Elfenbeinturm über den Problemen einfacher Menschen zu thronen scheint und erst langsam Bruchstücke seiner fragilen Psyche offenbart, ist Tony Lip ein plumper Schläger und Rassist, nicht fähig zu reflektieren oder bestehende Vorurteile eigenständig zu hinterfragen. Deutlich wird dies bereits an einer Szene zu Beginn des Films: Während zwei schwarze Handwerker in der Wohnung von Tony Lip arbeiten, frage diese nach einem Glas Wasser. Nach vollbrachter Arbeit, stellt Tony die benutzten Gläser nicht in den Abwasch, sondern entsorgt diese sofort im Müll. Eine, auf eine stille Art fast grausame Szene, die den ganz alltäglichen Fremdenhass, der nicht nur in den Südstaaten vorherrscht, gut auf den Punkt bringt. Tony und Dr. Shirley sind extrem gezeichnete Figuren, die in ihren eigenen Welten festhängen und sich gegenseitig brauchen, um geistig zu gesunden.

Gesunden müsste auch die Gesellschaft, die uns hier gezeigt wird. Die Südstaaten in Amerika Anfang der 60er Jahre sind ein feindseliger Ort, jedenfalls dann, wenn man weder weiß noch heterosexuell ist. Hier darf ein schwarzer Ausnahmekünstler zwar ein weißes Publikum unterhalten, ihm ist es aber verboten, mit seinen Zuhörern im gleichen Raum zu speisen. Diese Absurdität weiß Peter Ferrelly wunderbar in tragikomische Szenen umzusetzen, ohne dabei in den Klamauk oder Pathos abzudriften. Wenn Dr. Don Shirley während der Pause eines seiner Konzerte erst zu sich ins Hotel gefahren werden muss, damit er auf Toilette gehen kann, da ihm vor Ort die Nutzung desselben verwehrt worden ist, weiß der Zuschauer nicht so recht, ob er aufgrund dieser Idiotie nun lachen oder weinen soll.

Fazit: Green Book – Eine besondere Freundschaft ist ein unterhaltsamer Roadtrip, ein Feelgood-Film, der von seinen großartigen Hauptdarstellern lebt. Der launige Dialogwechsel, das ständige verbale Kräftemessen und gegenseitige Abtasten zwischen dem tumben Tony Lip und Dr. Don Shirley machen Green Book zu einem absolut sehenswerten Film.

Green Book startet am 31. Januar 2019 deutschlandweit in den Kinos.

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