Kritik: Pixars Rot (USA 2022)

Eine Gastkritik von Jan Benz

Pixars Rot 2022 Film Kritik Trailer
© Walt Disney Studios Germany

Pixar vs. Disney! Rund 16 Jahre nach der Übernahme der beliebten Animationsschmiede durch den Mäusekonzern scheint es in der Beziehung der beiden ordentlich zu kriseln. So haben Mitarbeiter des Studios wohl alles andere als positiv darauf reagiert, dass nach Soul und Luca mit Turning Red (Originaltitel) nun bereits dem dritten Pixar-Film in Folge eine Kinoauswertung verwehrt blieb und, trotz stabileren Besucherzahlen, direkt bei Disney+ erscheint. Und, pünktlich zum Start des Films, haben Mitarbeiter des Studios ihren Mutterkonzern in einem offenen Brief zudem ungewohnt scharf kritisiert. Dort sprechen die Pixar-Angestellten von einer schweren Zensur seitens Disneys, die in den letzten Jahren kreative Versuche, die Lebenswirklichkeiten von LGBTQ+-Menschen abzubilden, wohl systematisch aus den Drehbüchern gestrichen haben. Und wenn man auf die Pixar-Filme der letzten Jahre blickt, so ist außer einer lesbischen Polizistin im Film Onward, auch nichts von LGBTQ+-Charakteren zu sehen, obwohl sich Pixar stets durch seine menschlichen Botschaften auszeichnet. Während es hinter den Kulissen also ordentlich Zündstoff gibt, kriselt es aber auch auf den TV-Bildschirmen. Denn der neue Pixar-Film gehört zu den schwächsten Filmen, die das Animationsstudio jemals hervorgebracht hat.

Rot dreht sich um die 13-jährige Teenagerin Mai Lee, die unter der Hand ihrer strengen Mutter Ming aufwächst, bei der es natürlich gar nicht gut ankommt, als Mai eines Tages gemeinsam mit ihren Freundinnen auf ein Konzert der Boyband 4-Town gehen möchte. Zu allem übel setzt bei Mai dann auch noch die Pubertät ein, was für sie bedeutet, dass sie sich in einen großen, roten Panda verwandelt, sobald ihre Gefühle die Oberhand gewinnen.

Die Handlung des Films klingt also wie ein typischer Pixar-Film, der ein eigentlich einfaches Problem, hier die Pubertät bzw. sogar die Menstruation eines Mädchens, mit einem besonderen Twist versieht – in diesem Fall eben ein roter, flauschiger Pandabär. Eine Stärke von Pixar ist es zudem, diese Stoffe sowohl für Kinder als auch für Erwachsene aufzubereiten. Egal ob es mehr in die Erwachsenenrichtung geht wie bei Soul oder mehr in die Kinderrichtung wie bei Luca, letzten Endes kommen beide Gruppen stets auf ihren Geschmack. In Rot funktioniert das jedoch nicht, denn die Zielgruppe des Films ist ungewohnt eingeschränkt und richtet sich ganz klar an eine junge, weibliche Zuschauerschaft. Für Erwachsene funktioniert der Animationsstreifen jedoch kaum, da die Probleme und Themen lediglich an der Oberfläche behandelt werden. Der von Traditionen geprägte Hintergrund der chinesisch stämmigen Familie wird lediglich als Aufhänger für den Pandabären benutzt, die uninteressante Handlung um familiäre Werte und über die Selbstbestimmung eines Mädchens macht es sich hingegen immer wieder zu leicht und die Botschaften des Films wurden sehr plakativ in Szene gesetzt.

I’m a gross red monster!

Entsprechend handelt es sich hierbei um eines der schwächsten Drehbücher des Studios, das auch am Ende keinerlei Pixar-Magie entfesseln kann. Statt eines wie so oft emotionalen Finales, bekommt der Zuschauer hier ein völlig unpassendes Kaiju-Ende vorgesetzt, bei dem ein emotionaler Payoff einem Bombastfinale weichen muss. Bis zum missratenen letzten Drittel gibt es durchaus ein paar nette Momente, wenn die Freundinnen Mei so akzeptieren, wie sie ist. Auch die Mutter-Tochter-Beziehung funktioniert nicht schlecht, am Ende mangelt es der Geschichte aber an einem runden Abschluss.

Hinzu kommt gewöhnungsbedürftige Inszenierung, die sich irgendwo zwischen Anime, einem Tik-Tok-Video und purem Kitsch wiederfindet. Rot wird durch die Linse eines 13-jährigen Mädchens erzählt und obwohl das Wort cringe inzwischen viel zu häufig verwendet wird, gibt es hier gleich mehrere Szenen (wie beispielsweise die Eröffnungsszene des Films), in denen das Wort wie die Faust aufs Auge passt. Die quietschbunten Bilder und die hektische, überladene Inszenierung machen Rot bisweilen durchaus anstrengend und außer einem jungen Publikum wird man damit wohl kaum jemanden ansprechen können. Zudem kommen auch die Animationen erstaunlich bieder daher. Statt die Qualität der Animationen wie so oft auf ein neues Level zu heben, sieht Rot oftmals nicht besonders hübsch aus und auch auf kreative Spielereien, wie der Mix aus 3D und 2D-Animationen bei Soul, muss hier verzichtet werden. Spielfilmdebütantin Domee Shi, die bislang lediglich den Oscar-prämierten Pixar-Kurzfilm Bao inszenieren durfte, legt also einen schwachen Einstieg hin.

Fazit: Das war nix! So sehr ich die Filme von Pixar normalerweise liebe, so hart muss ich mit dem 25. Film des Studios ins Gericht gehen. Rot ist vielleicht für die eingeschränkte Zielgruppe junger Mädchen recht sehenswert, für Erwachsene bleibt die Handlung jedoch zu oberflächlich und die Botschaften werden viel zu plakativ vermittelt. Dazu kann der Film von Spielfilmdebütantin Domee Shi zu keinem Zeitpunkt die typische Pixar-Magie entfalten und am Ende muss ein emotionaler Abschluss einem unpassenden Bombastspektakel weichen. Gewöhnungsbedürftig sind zudem die erstaunlich niedrige Animationsqualität sowie die quietschbunte Inszenierung mit ihren Anime- und Tik-Tok-Einflüssen, die für einige kitschige Momente sorgen. Von den üblichen Stärken eines Pixar-Films ist dementsprechend kaum etwas übrig geblieben und Rot gehört für mich neben Cars 2 zu den bis heute schlechtesten Filmen des Animationsstudios.

Rot ist ab dem 11. März 2022 exklusiv als Streaming bei Disney+ verfügbar. Ab dem 12. Mai 2022 ist das Animationsabenteuer zusätzlich auch auf DVD & Blu-ray erhältlich.*

Hier geht’s zum Trailer.

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