"The Paperboy" (USA 2012) Kritik – Die Stars und ihr verkrampfter Imagewechsel

Autor: Maria Engler

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“Hillary ist nicht so schlecht – und ich bin nicht so gut.”

Der junge College-Abbrecher Jack ist wieder im Haus seiner Eltern untergekommen und muss herausfinden, was seine Zukunft bringen soll. Bevor der stickige Sommer und die zu erwartende Lethargie über ihn hereinbricht, trifft auch sein älterer Bruder Ward in der heimatlichen Kleinstadt ein. Dieser ist auf dem besten Wege ein erfolgreicher Journalist zu werden und untersucht mit seinem ehrgeizigen Kollegen einen Mordfall in der Stadt. Der Täter wurde seinerzeit zum Tode verurteilt, doch die beiden Reporter glauben an Polizeiwillkür, unzureichende Beweise und vor allem an eine gute Story. Der inhaftierte Hillary van Wetter ist jedoch alles andere als handzahm und viel mehr an seiner attraktiven Verlobten interessiert, mit der er sich schon seit Monaten Briefe schreibt – doch auch der junge Jack hat ein Auge auf die Vierzigjährige geworfen.

Schwitziger Südstaaten-Thriller trifft auf “Die Reifeprüfung” – so kann man “The Paperboy” wohl am treffendsten beschreiben. Auch die Geschichte von “The Paperboy” basiert auf einem Roman, der sich unter anderem mit dem Verhältnis eines jungen Mannes mit einer älteren Frau beschäftigt. Die Geschichte behandelt außerdem die gespannte Stimmung in den Südstaaten nachdem die afroamerikanische Bevölkerung immer mehr Rechte bekommt, die ihnen nicht alle Bürger zugestehen wollen. So wird uns die Handlung durch die afroamerikanische Hausangestellte Anita erzählt, die den Film nicht nur einleitet, sondern auch innerhalb der Handlung immer wieder zu Wort kommt. Leider ist das Voice-Over während des Films oftmals störend und unpassend und erklärt zu bemüht und in Sesamstraßen-Manier die Handlung und Beweggründe der Figuren, was dem Zuschauer ein unangenehmes Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit im Filmverständnis gibt. Zugegeben, “The Paperboy” behandelt unglaublich viele Themen wie zum Beispiel Rassentrennung, Rassismus, Todesstrafe, journalistisches Arbeiten und seine Grenzen, Homosexualität, Alkoholismus, Coming-of-Age, Sexualität, die Liebe zu einem Verbrecher, Vater-Sohn-Konflikte und so weiter und so fort. Trotz erläuternder Erzähler-Stimme schafft der Film es aber nicht, alle diese komplexen Themen unter einen Hut zu bringen und dabei noch unterhaltsam und spannend zu sein. Das Setzen eines thematischen Schwerpunktes wäre zugunsten einer gradlinigeren und stringenteren Erzählweise vielleicht keine schlechte Idee gewesen.

Der Cast von “The Paperboy” kann sich durchaus sehen lassen – eine Riege von Hollywoodstars tritt auf und präsentiert sich nicht nur erfrischend anders, sondern auch mit großem schauspielerischem Können. Dem ehemaligen Disney-Star Zac Efron gelingt es, sich von dem dauerlächelnden Sunnyboy-Image zu verabschieden und eine ernsthafte und glaubwürdige Performance zu liefern. Dem Zuschauer wird wieder einmal gezeigt, dass hinter der attraktiven Fassade von Matthew McConaughey ein äußerst talentierter und facettenreicher Schauspieler steckt, und sogar die botoxgepeinigte Maske von Nicole Kidman passt gut in den Film. Ein besonderes Highlight ist das Spiel von John Cusack, der als schwitziger, unangenehmer und über die Maßen brutaler Perversling überzeugen kann. Die Hauptdarsteller sind gut ausgewählt und überraschen mit mutigen Auftritten – so sehen wir die sonst glattgebügelten Stars als ständig verschwitze Normalos von nebenan beim Sex, beim Orgasmus, nackt gefesselt und sich gegenseitig bepinkelnd – Hut ab!

Fazit: “The Paperboy” will zuviel – daran krankt leider der gesamte Film. Die vielen verschiedenen Themen können jeweils nur unzureichend abgehandelt werden und vermitteln dadurch den Eindruck des Unvollständigen, der durch die maßlos nervende Voice-Over-Stimme nur noch gesteigert wird. Obwohl schauspielerische Leistungen und visuelle Komponenten des Films überzeugend und sehr gut sind, kommt beim Zuschauer keine rechte Stimmung auf und eine Identifikation mit den Charakteren wird erschwert. Dadurch ist der Film leider streckenweise sehr unspannend und macht wenig Lust die Geschichte bis zum Ende zu verfolgen.

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