"Top Five" (USA 2014) Kritik – Chris Rock will endlich ernstgenommen werden

Autor: Pascal Reis

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“I am telling you, everything means something.”

Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Regisseur in Personalunion: Chris Rock meint es mit seinem neusten Streich „Top Five“ verdammt ernst. Und darum geht es im Endeffekt auch – Das kräftezehrenden Gefecht eines Künstlers, der endlich aus der Schublade entfliehen möchte, die ihn berühmt gemacht hat, um der Welt zu beweisen, dass in ihm nicht nur der Klassenkasper steckt, der immer für einen lockeren Spruch zu haben ist, sondern ein durchaus ernstzunehmende Filmemacher steckt, der Größeres im Sinn hat. Um den doch sehr subkulturspezifisch ausgefallenen „Top Five“ richtig am Schopfe packen zu können, ist es von unbedingter Signifikanz, sich im Vorfeld ein Stück weit mit der pulsierende Medienlandschaft der Vereinigten Staaten auseinandergesetzt zu haben, um die Persönlichkeit Chris Rock, den Ausnahmecomedian, der es aus ärmlichen Verhältnissen bis ganz an die Spitze geschafft hat, in diese sich gegenseitig zerfleischende Welt adäquat einzusetzen. Angefangen in dämmerigen Spelunken, konnte sich Rock bald schon über ein Publikum von über 15.000 Menschen erfreuen.

Seine Auftritte in der US-Show „Saturday Night Live“ gelten als unantastbares Comedy-Gold, genau wie seine vor sprachgewandter Vitalität sprudelnde Oscar-Moderation aus dem Jahre 2005, die der schematischen Veranstaltung einen schwungvollen Biss verliehen hat, den man heute nicht einmal mehr in Ansätzen aufblitzen sieht. Aber Energiebündel Chris Rock will höher hinaus und sich nicht mehr nur an der Seite von Adam Sandler und Kevin James zum Affen machen, er will als seriös gelten, er will großes Kino auf die Beine stellen, er will – kurz gesagt – nicht mehr auf den ätzenden Spaßvogelstatus reduziert werden. „Top Five“ ist selbstverständlich die filmische Projektion seines Anliegens und lässt sich auf der einen Seite mit viel Wohlwollen zeitweise als unprätentiöse Nabelschau definieren, um simultan dazu dem Anspruch zu erliegen, universelle Showbiz-Satire zu betreiben. Chris Rock aber vermag es nicht, beide Segmente unter einen Hut zu bringen, ist seine autobiografische Selbstreflexion doch weit wenig geerdet, als es sie uns permanent einreden möchte.

Zuletzt hat es mit Alejandro Gonzalez Inarritus „Birdman oder (die unverhoffte Macht der Ahnunglosigkeit)“ ein Film wirklich vollbracht, nicht nur als künstlerisch höchst wertvolle Abrechnung mit der Medienwelt in die Annalen der Filmgeschichte einzugehen, das Meta-Poem ging auch über seinen satirischen Gestus hinaus und ließ sich in der Essenz als subtiles Charakter-Drama verstehen, welches einen ehemals von den Massen gefeierten Mann nicht nur am Scheideweg seiner Karriere dokumentierte, sondern auch den familiären Scherbenhaufen ins Zentrum rückte, ging es „Birdman oder (die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“ doch ebenso um einen zu oft überforderten Vater, der fundamentale Entscheidungen für die Zukunft treffen muss. „Top Five“ würde sich gerne in ähnlichen Tiefen abspielen, ist auch grundsätzlich durch das legere Auftreten seines Hauptdarstellers ein sympathisches Unterfangen, doch man darf sich nicht täuschen lassen. Denn wo „Top Five“ angeblich selbstkritische Offenbarungsakte betreiben möchte, sät er für die nächste Szene bereits eine Plattform der rigorosen Selbstbeweihräucherung.

Die einzige Person, die diesen Film noch etwas am Boden hält, ihm ein organisches Gleichgewicht verleiht, ist die Times-Magazine-Journalistin Chelsea (natürlich wie immer: Rosario Dawson), doch auch ihr lässt Rock nicht den nötigen Raum zur Eigenentfaltung, stattdessen brummt er ihr einen abstrusen „Twist“ auf, der gleichwohl als Katalysator für die obligatorische Kritiker-Schelte fungieren muss. Der irritierend anonyme „Top Five“ aber ist überdies im Allgemeinen auf dümpelnde Plattitüden ausgelegt, die nicht zünden, weil das Umfeld, die Konstruktion, zu geschmäcklerisch daherkommt, weil Chris Rock sich einerseits unbedingt über die dargebotenen Kalauer hinausbeugen möchte, ihnen letzten Endes aber doch sklavisch erlegen ist. Es ist nicht Fisch nicht Fleisch, was Chris Rock uns hier servieren möchte – und schon gar nicht wird er seinem Woody-Allen-Überbau (in diesem Fall „Stardust Memories“) gerecht, den er über seine dritte Regiearbeit gestülpt hat. Schuster, bleib bei denen Leisten.

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