"Erlöse uns von dem Bösen" (AT 2014) Kritik – In New York fauchen die Dämonen

Autor: Pascal Reis

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„I’ve seen some horrible things, nothing that can’t be explained by human nature.“ – „Then you haven’t seen true evil.“

Manchmal, da packt einen einfach die Lust auf einen guten, mitreißenden Thriller. Überwiegend finden die sich aber in der heimischen Filmsammlung wieder, zumeist in der Reihe, in der die etwas älteren Jahrgänge untergebracht werden. Und mal ehrlich: Wenn es um wirklich starke, originelle Thriller-Kost geht, dann hat der internationale Markt schon lange nichts wirklich mehr zu melden und lässt die Kontinuität vermissen, die in den 1970er, 1980er und auch die 1990er Jahre vorzufinden war. Im letzten Jahr sorgte Denis Villeneuves starbesetzter „Prisoners“ für Aufsehen. Tatsächlich hat der Mann hier einen Psycho-Thriller geboten, der wirklich formidabel gefilmt wie vertont wurde und mit Jake Gyllenhaal als Detective Loki eine herausragende schauspielerische Leistung vorzuweisen hatte. Doch inhaltlich musste sich das allgemein als „Meisterwerk des neuen Jahrtausends“ gefeierte Werk eingestehen, an seinen immensen Ambitionen gescheitert zu sein. In diesem Jahr beehrte uns Scott Derricksons „Erlöse uns von dem Bösen“, der zwar nicht die rigorose Aufmerksamkeit eines „Prisoners“ erfuhr, in seinen ersten Bilder aber einen düster-mysteriösen Genre-Film versprach.

Scott Derrickson versucht sich von Anfang an daran, New York City zum verrohten Sündenpfuhl zu stilisieren, ganz und gar an David Finchers „Sieben“ angelegt. Im Gegensatz zu Derrickson verstand Fincher es aber, dass eine einnehmende Atmosphäre nicht allein daraus resultiert, den Helligkeitsregler herunterzuschrauben und die Charaktere durch eine immerwährende Dunkelheit stampfen zu lassen. Aber genau das passt ins simple Konzept von „Erlöse uns von dem Bösen“, denn der Film möchte nicht einfach nur düster sein, er möchte unbedingt und um jeden Preis stockduster sein, damit der Zuschauer in manchen Momenten nur noch erahnen kann, was dort gerade wirklich über die Leinwand huscht. Und daraus gebiert „Erlöse uns von dem Bösen“ die Chance, billigste Jump Scares aufzuziehen, wie sie ein James Wan („Insidious“) nicht schlechter hätte justieren können. Stilistisch ist „Erlöse uns von dem Bösen“ daher auch keineswegs stimmungsvoll staffiert, sondern so zwanghaft auf seine ausgestellte Finsternis versessen, das die unfreiwillige Komik nicht lange auf sich warten lässt und in erster Linie im grimmigen Gebaren des Protagonisten Sarchie (Eric Bana) kulminiert. Der nämlich ist ein wahrer Workaholic und kann Berufliches und Privates kaum noch trennen.

Klingt nach Stereotype? Ist es auch. „Erlöse uns von dem Bösen“ ist eine klischeeisierte Pampe, wie man sie von 14-Jährigen erwarten würde, die begeistert Kurzgeschichten verfassen. Die Charakterisierung der Figuren fällt dementsprechend oberflächlich aus und muss sich mit abgestandenen Schlagwörtern zufriedenstellen. Wie gesagt, Sarchie ist der überengagierte Cop, der einen ganz eigenen „Radar“ besitzt, der ihm bei seinen Ermittlungsarbeiten unterstützt, wenn er denn mal nicht die Kadaver von Babys aus dem Müllcontainer fischt, und sein späterer Gefährte Mendoza (Edgar Ramirez) ist ein Ex-Junkie, der sich inzwischen als Jesuitenpriester und Dämonologe bewährt hat. Fertig. Sarchies Ehefrau und Tochter besitzt eigentlich keine Eigenschaften, sondern sind eben…Ehefrau und Tochter. Dass diese zum Ende natürlich auch noch in den gefährlichen Fall einbezogen werden, ist ja selbstverständlich, denn wenn schon abgedroschen, dann auch über alle Maße abgedroschen. Mendoza ist es, der Sarchie von der gegenwärtigen Macht des Bösen überzeugt und ihn an einem Exorzismus teilhaben lässt, verfügt Sarchie doch über eine spirituelle Gabe und kann Kontakt zum Übermenschlichen aufnehmen. Oder handelt sich letztlich doch nur um eine Chimäre? Oh, oh, oh.

Wenn sich dann noch der Unheil verkündende und durch und durch generische Score am tiefem Dröhnen und den krächzenden Sirenen weidet, ist die 08/15-Gestaltung von „Erlöse uns von dem Bösen“ vollends abgeschlossen. Das Bild wird vom penetranten Schwarz wie Grün- und Blaufiltern in Gewahrsam genommen und all das Gebrabbel um schwarze Magie, um infernalische Flüche und übersinnliche Botschaften, die als Fanale absolut Bösen fungieren, entbehrt sich jedweder Authentizität, weil hier wirklich kein Stein auf den anderen passt. Sehr schade ist es, dass sich ein Eric Bana für einen solch religiös-verbrämten Nonsense hergibt, hat der Mann doch nicht nur die richtige Statur, sondern auch die passende Ausstrahlung, um in einem straighten Erwachsenen-Thriller mitzuspielen. „Erlöse uns von dem Bösen“ hingegen enttäuscht auf ganzer Linie, weil er sich so dermaßen ernst nimmt, dass es nicht nur amüsiert, es ist irgendwann auch wirklich unangenehm mitanzusehen.

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