Kritik: Insidious: Chapter 3 (CA/US 2015)

Deine Haut-Augen machen mich so sentimental...
© Sony Pictures

No matter what happens. No matter what you see. Stay strong.

James Wan darf sich dank „Insidious“ oder „The Conjuring“ als eine Art (Neu-)Initator des großspurigen Horror-Blockbusters definieren lassen, hat der Australier es doch vollbracht, mit diesen Filmen das Mainstreampublikum in Scharen abzuholen und Unsummen in die Kinokassen zu spülen. Die Konsequenzen dessen kamen auf dem Fuße: Beide Werke werden nun und in Zukunft bis zum Erbrechen gemolken (aber das kennt der kreative Kopf hinter „Saw“ ja ohnehin schon). Zu „The Conjouring – Die Heimsuchung“ wurde im letzten Jahr auch schon ein desaströses Spin-off namens „Annabelle“ veröffentlicht, bei dem Regisseur John R. Leonetti in sagenhafter Inkompetenz gleich mal veranschaulichte, wie man einem Roman Polanski NICHT Tribut zollt. Aber bevor sich im nächsten Jahr „The Conjuring 2: The Enfield Poltergeist“ flächendeckend über die Lichtspielhäuser ausbreiten darf, steht nun erst mal „Insidious: Chapter 3 – Jede Geschichte hat einen Anfang“ bereit und klopft an die Pforten, um sich die wohlverdiente Schelte abzuholen.

Kein Problem! Dass „Insidious“ und „The Conjuring – Die Heimsuchung“ ordentlich Geld gemacht haben, steht ja prinzipiell in keinerlei Konnex zur eigentlichen Qualität der einzelnen Filmen. Und wenn man sich diese Horror-Flics einmal zu Gemüte führt, wird man auch relativ schnell feststellen können, dass James Wan sich hier einer unfassbar simplen Methodik bedient, die, einfach weil sie schlichtweg so billig gestaltet daherkommt, auch einen dementsprechend hohen Anklang findet: „Insidious“ hat sich als motivischer „Poltergeist“-Epigone schon den größtmöglichen Konsens in seinem Sujet gesucht und erzählt erst einmal von ganz konkreten, weltlichen Dingen, wie das Familienleben und die Sorge von Eltern, wenn ihrem Sprössling etwas zustößt. Wer nun allerdings glaubt, James Wan würde sich in den Mitteln des Spannungsaufbaus auch von den großen Vorbildern inspirieren lassen und auf eine sukzessiv-entfaltete Atmosphäre bauen, der täuscht sich gewaltig. Obwohl sich Wan doch als ein durchaus genreaffiner Zeitgenosse gibt, dessen Output von einem gewissen Referenzreichtum zehrt, baut er immerzu auf eine Sache: Jump Scares.

Wenn ein abgedunkelter Raum in der Behausung betreten wird, darf man sich sicher sein, dass in den nächsten Sekunden aus irgendeiner Ecke eine fiese Fratze emporschwingt und von der Tonspur durch ein ohrenbetäubendes Grollen akzentuiert wird. Das mag dosiert effektiv erscheinen, ist in dieser Fülle aber nur ein äußerst schwacher Hilfeschrei. Dieser Trend setzte sich selbstredend fort und scheint nun auch in „Insidious: Chapter 3 – Jede Geschichte hat einen Anfang“ das höchste der Gefühle zu sein, wenn es darum geht, den Zuschauer in Angst und Schrecken zu versetzen. Leigh Whannell, der zuvor schon Nebenrollen in den Filmen von James Wan für sich verbuchen konnte, wird für das Prequel nun das Privileg zuteil, es sich auf dem Regiestuhl gemütlich zu machen. Schon „Insidious: Chapter 2“ kam deshalb ein Stück weit ärgerlicher um die Ecke als sein Vorgänger, weil er den mystischen Charakter von „Insidious“ pulverisiert und totlabern musste, was man nicht totlabern sollte. Dass es sich bei „Insidious: Chapter 3 – Jede Geschichte hat einen Anfang“ nun – Die Regeln einer Trilogie verlangen es – um die ominöse Vorgeschichte handelt, stellt dem Zuschauer erst recht die Nackenhaare zu Berge.

Im Epizentrum steht die Adoleszente Quinn (Stefanie Scott), die nach dem Tod ihrer Mutter mit ihrem Vater Sean (Dermot Mulroney) in ein neues Haus in Chicago zieht. Dass man den Verlust der eigenen Mutter natürlich nicht postwendend verarbeiten kann, macht es verständlich, dass man in der Stunde höchster Trauer auch einen Draht zum Spiritismus entwickelt, um womöglich auf diesem Wege Kontakt zur Mutter aufzubauen. Wie Elise Rainier (Lin Shaye) zu Anfang aber mahnend erwähnt, hallt der Ruf in das Jenseits nicht nur bis zu einer sondierten Person vor, sondern lockt das gesamte Reich der Dahingeschiedenen an – Und damit auch die garstigen Dämonen, die einen mit Vorliebe um den gesunden Schlaf bringen. „Insidious: Chapter 3 – Jede Geschichte hat einen Anfang“ wandelt sodann durch dramaturgisch höchst abgeschmackte Gassen, lässt erst einmal nur die Dielen knarren und eine finstere Silhouette hinter dem sich wogenden Vorhang vermuten, bis sich die Spekulationen verhärten und nur noch das Medium Elise und zwei nerdige Geisterjäger (darunter auch Leigh Whannell) Abhilfe leisten können.

„Insidious: Chapter 3 – Jede Geschichte hat einen Anfang“ bringt durchweg den pelzigen Geschmack von marktwirtschaftlichem Kalkül mit sich. Selbstverständlich leistet Whanell formal durchaus kompetente Arbeit, die Bilder jedenfalls sprechen dafür,dass hier kein absoluter Dilettant am Werke ist. Es bringt nur alles nichts, wenn man diese Einstellungen nicht mit der entsprechend gespenstischen Verve auszukleiden weiß und den inflationären Einsatz von Jump Scares immer noch als alleinigen Stimmungsmacher versteht. Aus den Winkeln schnellen sie hier polternd hervor, die Dämonen und Seelenfresser, während das Haunted House sowie die altbackene Besessenheitskiste grundsätzlich zu den Genre-Topoi zählen, mit denen (in dieser spezifischen Preisklasse) der Mammon immer irgendwie zum Rollen gebracht wird. Dem eigentlichen Geist eines echten Horrorfilms wird man mit dieser maroden Marschroute nicht gerecht, man begräbt ihn vielmehr unter dem Ausbuchstabieren jeden Anflugs auratischer Mystik, den aseptischen Aufnahmen, und den penetrant aufflackernden Soundeffekten. Einziger Silberstreif am Horizont ist hier, dass Lin Shaye als tragende Figur endlich auch die angemessene Screentime zugesprochen bekommt.

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