Kritik: The Palace (2023) – Roman Polanskis Komödianten-Stadl

– gesehen im Rahmen der 80. Filmfestspiele von Venedig 2023 –

The Palace 2023 Roman Polanski

What are you… a retard?

Ich hatte mich schon lange nicht mehr so sehr auf eine Komödie gefreut, wie auf Roman Polanskis Luxushotel-Satire The Palace. Und jetzt sitze ich hier am nächsten Vormittag an diesem Text, der unerwartet kurz ausfallen wird, denn ich kann es immer noch nicht glauben, dass der Regisseur zahlreicher Meisterwerke den mit Abstand desaströsesten Film seiner Karriere gedreht hat. Meine Vorfreude war enorm, nachdem ich den ersten Trailer gesehen habe. Wir alle erinnern uns (ganz egal, wie man zu seiner Vergangenheit steht) an die zeitlosen Filme, welche wir Polanski zu verdanken haben. Egal ob feministische Horrorfilme, die ihrer Zeit voraus waren (EkelRosemary’s Baby), bravouröse Geschichtsfilme (Der Pianist oder seine letzte Regiearbeit Intrige, die ebenfalls in Venedig Weltpremiere feierte) oder unvergessliche Komödienklassiker wie Tanz der Vampire, Roman Polanski war hinter der Kamera, trotz kleinerer Ausfälle wie Der Gott des Gemetzels (mit dem ich nichts anfangen kann) nicht mehr wegzudenken.

Mittlerweile hat der geborene Pole bereits stolze 90 Jahre auf dem Buckel und somit werden wir von ihm nach The Palace womöglich keinen weiteren Film zu sehen bekommen. Und daher ist es umso trauriger, dass seine in der Schweiz spielende Neujahrshotelkomödie in fast jeder Hinsicht misslungen ist. Zu viel Humor unter der Gürtellinie, der einer Regielegende wie Polanski nicht würdig ist, ist hier noch das kleinste Ärgernis. Viel schlimmer ist der bleibende Eindruck, dass sich hier ein paar größtenteils in Vergessenheit geratene Filmemacher*innen in den Schweizer Alpen getroffen und ein Budget in Höhe von immerhin 17,8 Millionen Dollar für ein komplett sinnbefreites Projekt beim Fenster rausgeschmissen haben. Ich hoffe, dass Polanski und Co. während der 17-wöchigen Drehzeit zumindest eine bessere Zeit hatten als das Publikum bei der gestrigen Weltpremiere.

The Palace John Cleese

Während The Palace harmlos und mit grottigem Humor vor sich dahinplätscherte, habe ich mich eigentlich nur an vergangene komödiantische Glanzstücke zurückerinnert: An das exzeptionelle Chaos in Is’ was, Doc?, an die respektlosen, zynischen Spitzen in der legendären britischen Sitcom Fawlty Towers (natürlich wegen John Cleese), an den spaßigen Neujahrsfilm Four Rooms und sogar an Grand Budapest Hotel (und das kommt von mir, der alles andere als ein Anderson-Fan ist). Wirklich jede Hotelkomödie, jede Satire auf die Welt der Reichen (zuletzt beispielsweise der sehenswerte, aber überbewertete Triangle of Sadness) übertrifft bei Weitem das, was Polanski hier fabriziert hat.

Die obigen Blicke sprechen Bände – vermutlich hat sich auch John Cleese mehr von seiner Zusammenarbeit mit Roman Polanski erwartet. Immerhin hat er sich aufgrund des absurd lächerlichen Drehbuchs seine eigenen Schlüsse gezogen und konterkariert es mit der witzigsten Schauspielverweigerung aller Zeiten. Ob dies dem Skript geschuldet oder von vornherein geplant war, wissen nur Polanski und Cleese selbst. Das brüllend komische Nichtschauspiel der britischen Koryphäe ist zumindest das Einzige, was es in dieser skandalös schlechten Komödie zu bewundern gibt.

Fazit: The Palace tritt leider nicht in die Fußstapfen von Neujahrskultfilmen wie Four Rooms, sondern ist durchgehend zum Vergessen. Billiger Humor, ein ebenso einfallsloses wie uninspiriertes Skript und größtenteils nervige Figuren machen Roman Polanskis Hotelsatire zu einem der ärgerlichsten sowie enttäuschendsten Filme des Jahres.

The Palace startet am 18. Januar 2024 deutschlandweit in den Kinos. Hier geht’s zum Trailer.

★★☆☆☆☆☆☆
Unterirdisch!

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