„Last Vegas“ (USA 2013) Kritik – Robert De Niro und Co lassen die Fetzen fliegen

Autor: Jan Görner

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„I’m gonna go find some water, take all my damn pills then we’re gonna get this damn party started.“

Dass sich die Generation 60 Plus schon lange zur marktrelevanten Zielgruppe gemausert hat, erkennt auch, wer sich die Kinospielpläne der letzten Jahre ansieht. Neudeutsch als „Bestager“ bezeichnet genießen Senioren in „Best Exotic Marigold Hotel“ den Ruhestand oder zeigen als Weltraumveteranen dem Astronautennachwuchs in Clint Eastwoods „Space Cowboys“ was sie noch auf dem Kasten haben. In Jon Turteltaubs („Duell der Magier“) Rentner-Comedy „Last Vegas“ dürfen sich nun vier Oscar-Gewinner im Spielerparadies nochmal auf die Pauke hauen.

Seit ihrer gemeinsamen Kindheit in Brooklyn waren Paddy (Robert De Niro), Billy (Michael Douglas), Archie (Morgan Freeman) und Sam (Kevin Kline) unzertrennlich. Und auch Jahrzehnte später und durch tausende Kilometer voneinander getrennt blieb die Freundschaft der vier bestehen. Doch dann entzweit eine Tragödie Billy und Paddy. Als sich der erfolgreiche Geschäftsmann Billy entschließt doch endlich unter die Haube zu kommen und seiner nur halb so alten Freundin das Ja-Wort zu geben, will dies mit einem zünftigen Junggesellenabschied in Las Vegas gefeiert werden. Mit einem Trick kriegen die Freunde auch den lebensunmutigen Paddy in die Vergnügungsmetropole. Doch wird ein gemeinsames Wochenende die lebenslange Freundschaft kitten können?

Erwartete man bei „Last Vegas“ eine kaum kaschierte Rentner-Version von „Hangover“, so war dies sicher dem Trailer geschuldet, welcher mit Gusto auf die vermeintlichen Parallelen verwies. Doch auch wenn sich von Todd Phillips‘ inzwischen zum Franchise ausgebauter Exzessfeier noch einiger Rahm abschöpfen lässt, gerät „Last Vegas“ dann doch ein gerüttelt Maß züchtiger und vor allem generischer. Seine Hauptdarsteller sind dabei das Pfund, mit dem Regisseur Turteltaub wuchern kann. Wären die vier Oscargewinner nicht, müsste sich der Film mehr auf Dan Fogelmans („Rapunzel – Neu verföhnt“, „Unterwegs mit Mom“) Drehbuch verlassen. Und das will nun wirklich keiner sehen. Irgendwer muss schließlich die Szene geschrieben haben, die lebende Schauspiellegende Robert De Niro sich mit gequältem Lächeln das Gemächt des Gast-Stars Redfoo ins Gesicht baumeln lassen muss. Redfoo, seines Zeichens eine Hälfte des musikalischen Stümper-Duos LMFAO bildet einen symptomatischen Tiefpunkt von „Last Vegas“. Denn 2013 interessiert sich nun wirklich niemand mehr für den nur aufgrund seiner Verwandtschaft zu Motown-Gründers Berry Gordy Jr. bekannten Selbstdarsteller. Da gestaltet sich der Cameo von Rapper Curtis Jackson alias 50 Cent schon um einiges pfiffiger, sorgt er doch für einen der wenigen echten Lacher des Streifens. Seien es die Gastauftritte oder die vom Verleih bemühten Analogien zu „Hangover“: Irgendwie wirkt „Last Vegas“ alles andere als zeitlos.

Ansonsten bewegt sich die Erzählung in bekannten Bahnen. Ein etwas konstruiert wirkender Konflikt zwischen De Niros und Douglas‘ Figur stellt da noch den interessantesten Aspekt dar. Ohnehin ist die Beziehung zwischen den vier Hauptfiguren das, was „Last Vegas“ dann und wann über den Durchschnitt seiner Mitbewerber hebt und mit nostalgischem Lächeln an eine betagter Version von „Stand By Me“ denken lässt. Negativ fällt auf, dass Pattys Frau Sophia ein wichtiger Platz in der Story zukommt, zu sagen hat sie über die gesamte Laufzeit hingegen nur einen Satz. Ihr Zauber bleibt pure Behauptung. Um Längen besser ist da schon die Gage Mary Steenburgen („Melvin und Howard“) als ungefähr altersgerechter Love Interest Diana angelegt, welche sowohl Paddy als auch Billy umschwärmen. Glücklicherweise verkommt diese Beziehung weder zum kitschigen Liebesdreieck noch muss sich der Zuschauer mit Rentner-Zoten auseinandersetzen. Besonders De Niro wirkt in seinem Bemühen um die schöne Jazzsängerin herzlich und aufrichtig. Auch ein Nebenstrang um Kevin Klines Figur und deren Bekanntschaft mit einer Drag Queen (Roger Bart) hat ihre Momente. Mit der Aufgabe einen Wildwuchs an Ideen in ein tragbares Konzept zu kleiden, fremdelt Regisseur Turteltaub aber spürbar. Er verlässt sich daher auf seine vier namhaften Hauptdarsteller und verfehlt zumindest meinen Erwartungskorridor damit nicht. Es hätte schlimmer kommen können.

Fazit: „Last Vegas“ punktet vor allem durch sein vielleicht betagtes, aber unvermindert spielfreudiges Hauptdarstellerquartett (plus Mary Steenburgen), das zusammen um die zwei Jahrhunderte Schauspielerfahrung in die Waagschale wirft. Gepaart mit einer bisweilen charmanten Liebesgeschichte kann dieser Aspekt aber nur unzureichend über die Formelhaftigkeit des Drehbuchs hinwegtäuschen.

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